Von der Nagelschmiede zur Pumpenfabrik 
Berg und Stadtmuseum Obernkirchen

Die Geschichte der Obernkirchener Schlosserdynastie Bornemann

Nomen est Omen - der Bornemann (Bornemaker, Bornemester) war schon im frühen Mittelalter die Berufsbezeichnung für den Brunnenaufseher. Er hatte dafür zu sorgen dass der Brunnen sauber gehalten wurde und nicht verstopfte und immer klares Wasser zur Verfügung stand.

Wen wundert es, dass heute weltweit Bornemannpumpen der Garant für das störungsfreie Sprudeln unterirdischer Quellen sind. 

Seit über 400 Jahren ist der Name Bornemann in Obernkirchen zuhause.
1682 bezahlt die Kirchengemeinde dem Kleinschmied Henrich Bornemann 4 Mariengroschen für die Reparatur eines Schlosses nebst Schlüssel für die Kirchentür.
Mit Henrich Bornemann, der 1686 auch als Hausbesitzer in einem Obernkirchener Kataster erwähnt wird, beginnt vermutlich die Ahnenreihe der Familie der Firmengründers.

Schlosserdynastie Bornemann

Belegbar ist in der Vorfahrenreihe der Nagelschmied Johan Christoph Bornemann, der zu Beginn des 18. Jahrhunderts aus "dem paderbornischen" nach Obernkirchen zieht. 
Er begründet eine fast 300 jährige, ununterbrochene Berufstradition der Bornemanns. 
Über sieben Generationen sind die Bornemänner in metallverarbeitenden Berufen zuhause, als Schlosser, Schmiede, Techniker oder Maschinenbauer. Der Beruf wird vom Vater auf den Sohn vererbt.

Die aktive Teilnahme am öffentlichen Leben Obernkirchens und die Übernahme von Verantwortung war für sie zu allen Zeiten selbstverständlich, ob als Altmeister der Schmiedezunft, als Teilnehmer am Befreiungskrieg 1814, als Mitglieder der örtlichen Feuerwehr (1824 sind zwei Schlosser Bornemann natürlich für die Wasserpumpen zuständig), als Gründer der freiwilligen Feuerwehr, als Mitglieder im Turnverein und im Schützenverein usw.

Der allmähliche Wandel vom kleinen Handwerksbetrieb zu einem mittelständischen Maschinenbauunternehmen setzte Anfang des 19. Jahrhunderts mit dem Beginn der Frühindustrialisierung ein. Obernkirchen mit seinen Bergbaubetrieben und den Glashütten stand regional im Zentrum dieser Entwicklung.

Zwei Söhne des Schmiedemeisters Bernhard Theodor Bornemann erkannten schnell die Zeichen der Zeit und stellten sich mit ihren Schlosserbetrieben auf den ständig steigenden Bedarf an Werkzeugen und Maschinenteilen ein. 

Carl Theodor Adolph Bornemann, der Vater des Firmengründers, schuf die Grundlagen für eine mehr als hundertjährige Verbindung zu den beiden örtlichen Glashütten als Zulieferbetrieb. Das Drehen von eisernen Klappformen für die Herstellung maßhaltiger Flaschen in den unterschiedlichsten Formen, verlangte Geschick, erforderte ein hohes technisches Verständnis und war bereits absolute Präzisionsarbeit.

Ich möchte Ihnen in zwei Teilen die Firmen- und Familiengeschichte der "Bornemänner" ein wenig näher bringen. Im ersten Teil wird die frühe Geschichte der Schlosserdynastie behandelt bis zur Gründung des Schlossereibetriebes Joh. Heinrich Bornemann in der Langen Strasse im Jahre 1853.

Der zweite Teil behandelt dann die Entwicklung der heutigen Firma in den letzten 150 Jahren.

Die Wurzeln. 
Bereits 1631 wird in einem Kornregister des Stiftes Obernkirchen ein Heinrich Bornmann mit der Berufsbezeichnung "Smidt" erwähnt. Haben wir hier bereits eine Spur aufgenommen die zu dem Obernkirchener Kleinschmied Heinrich Bornemann führt, der im Kirchenregister zwischen 1680 und 1685 häufig für Reparaturarbeiten an Schlössern und Beschlägen in Kirche und Pfarrhäusern bezahlt und im Jahre 1686 als Hausbesitzer zur Zahlung von rückständigen Kontributionen herangezogen wird ?
Gut möglich, das hier die Wurzeln der Schmiede- und Schlosserdynastie Bornemann zu suchen sind. Genau lässt sich das leider nicht belegen. 

Schlosserdynastie Bornemann
Handgeschmiedete Schlösser und Nägel aus der Sammlung des Berg- und Stadtmuseums Obernkirchen 

Der 1730 im Kirchenarchiv vermeldete Schmied Johan Christoph Bornemann "aus dem Paderbornischen" ist vielleicht ein Mitglied der oben erwähnten Familie, das nach Obernkirchen zurückgekehrt ist. Was sonst sollte ihn bewogen haben, in die wirtschaftlich völlig heruntergekommene, kleine hessische Landstadt zu ziehen. 
Auf jeden Fall beginnt mit diesem Bornemann die belegbare Geschichte der Familie. 

Die Stadt versuchte, fast ein Jahrhundert nach dem westfälischen Frieden, immer noch die Wunden zu verarzten, die der 30 jährige Krieg und seine Folgen ihr zugefügt hatten. Durch die Teilung Schaumburgs war sie plötzlich in eine geographische Randlage geraten. Die handelshemmende Grenze zu Schaumburg-Lippe direkt vor der Haustür und den verkehrstechnisch schwierig zu bewältigenden Bückeberg im Rücken. Der einstige Stolz der Stadt, die Steinhauerzunft mit ihren hochqualifizierten Stein- und Bildhauerwerkstätten lag am Boden. Wertvolle Teile der Steinbrüche standen im Grundwasser und konnten nicht ausgebeutet werden. Die hochverschuldeten Steinhauermeister hatten sich durch geliehene Kapitalien fast völlig in die Hände von Bremer Kaufleuten begeben. Der traditionsreiche Bergbau ernährte nur eine Handvoll Menschen, die saisonal nebenbei Landwirtschaft betrieben. Von 140 Hausstätten hatte der Krieg 90 unbewohnbar und wüst hinterlassen. Der Wiederaufbau war mühsam und die unbebauten Grundstücke in der Stadt noch zahlreich.

Vermutlich hat Johan Christoph Bornemann als Schmiedegeselle bei einem Obernkirchener Meister gearbeitet. Er war jedenfalls nicht vermögend, denn sein Sohn, der ebenfalls Johan Christopher getauft wird, kommt 1730 unehelich zur Welt. Ein Hinweis darauf, dass der Vater den notwendigen Besitzstand zur Erlangung eines Heiratskonsenses durch den Stadtrat, nicht vorweisen konnte. Als Pate fungierte der Schmiedegeselle Lüder Meier, sehr wahrscheinlich ein Arbeitskollege. Als Mutter verzeichnet das Kirchenarchiv eine N. (Agneta) Lürsen, aus Algesdorf gebürtig 

Schlosserdynastie Bornemann
Die drei Bornemann Schlossereien Anfang des 19. Jahrhunderts. 1. Theodor Bornemann, gegründet 1781 
2. Heinrich Bornemann, gegründet 1816 3. Carl Bornemann, gegründet 1816

Der Sohn Johan Christoph Bornemann lernt den Beruf des Nagelschmiedes. Seine Heirat im Jahre 1753 mit Louise geb. Stelling lässt auf das inzwischen gewachsene Ansehen der Familie Bornemann schließen. Immerhin war sie die Tochter des Obernkirchener Steinhauermeisters Friedrich Stelling. Die Steinhauermeister zählten zur städtische Elite und gehörten zu den ratsverwandten Familien. Der Bruder des Schwiegervaters, Christoph Ludwig Stelling, war aktueller Kämmerer der Stadt und Steinhauermeister Hector Rösemeyer der Bürgermeister von Obernkirchen. 
Das Ehepaar hatte drei Söhne und eine Tochter. Am 28.8.1761 kommt als drittes Kind Bernhard Theodorius Bornemann zur Welt. Pate wird der Steinhauermeister Moritz Rösemeier. Die letztgeborene Sophia Louise heiratet 1800 den Scharfschützen und Leineweber Johan Heinrich Nickel, der später auch Stadtdiener und Musicus in Obernkirchen war. Er wird uns als Taufpate und Namensgeber für den Firmengründer wiederbegegnen. Johan Christoph Bornemann lebt bis 1805 und wird 74 Jahre alt, seine Frau Louise verstirbt 1803 im Alter von 79 Jahren. 

Wo Johan Christoph seine Nägel schmiedete ist uns nicht bekannt, eventuell in einer angepachteten Werkstatt. Die erstmalig 1770 für Obernkirchen erstellten Katasterpläne weisen kein Grundstück auf den Namen Bornemann aus. Es gab zudem in der Stadt eine verhältnismässig grosse Anzahl von Nagelschmieden, die sich gegenseitig den Verdienst schmälerten

Theodorius Bernhard Bornemann wird, ganz in der Bornemannschen Tradition, ebenfalls Nagel- oder Kleinschmied wie sein Vater. In seiner Generation geht es für die Bornemanns langsam aber stetig bergauf. 

Nach dem siebenjährigen Krieg verbessert sich die wirtschaftliche Lage in Obernkirchen. Die Steinhauerbetriebe haben wieder Aufträge. Der Landgraf in Kassel lässt auf seine Kosten Stollen unter die Brüche treiben, so dass sie ins Auetal entwässert werden können und die besten Steinlagen wieder im Trockenen liegen und verfügbar sind. Der Bergbau nimmt einen enormen Aufschwung. Auf dem neuen Obernkirchener Revier, dem Südhorster und Stadthäger Revier, werden zahlreiche neue Schächte geteuft und Stollen getrieben. Das bedeutete auch einen Bedarf an Schmiedearbeiten, die von der Bergverwaltung in Obernkirchen an hiesige Betriebe vergeben wurden.

Bernhard Theodorius kauft von dem befreundeten Grobschmied Friedrich Rinne das unbebaute Grundstück Nr. 58 "vor dem Steinbrinker Thor" am Ausgang der Langen Strasse. Um 1785 erbaut er sich hier ein eigenes, neues Wohnhaus mit angrenzendem Werkstattgebäude. Das ist die eigentliche Keimzelle der Schlosserdynastie Bornemann. Dieses Gebäude, heute Lange Strasse 38, steht noch. 

Schlosserdynastie Bornemann
Erster Schlosserbetrieb von Theodor Bernhard Bornemann. Wohnhaus und Werkstatt 1781 gebaut

Jetzt sind die Bornemänner endgültig in Obernkirchen sesshaft geworden und haben auch ihren Platz im sozialen Gefüge der Stadt gefunden. Zu den Paten der acht Kinder aus der 1781 geschlossenen Ehe mit Anna Sophia geb. Thönen aus Niedernwöhren, gehören immerhin die Äbtissin von Landesberg, Apotheker Bertram, Steinhauermeister Stock und die Pastoren Heeremann und Engel, 
Gleich drei Söhne von Bernhard Theodorius werden Schlossermeister und schaffen es, in einem konjunkturell günstigen Zeitraum, jeweils eigene Betrieb zu gründen bzw. den väterlichen Betrieb weiterzuführen. Die Brüder profitieren in erster Linie vom Aufblühen der Glasindustrie, die nach der "Franzosenzeit" und dem Wegfall der Kontinentalsperre endlich wieder ihre Erzeugnisse exportieren kann und einen ungeahnten Aufschwung nimmt. Der Bedarf der Glashütten an exakt gedrehten, eisernen Flaschenformen, oft mit eingravierten Beschriftungen, an Mündungsscheren oder Glasmacherpfeifen bringt volle Auftragsbücher. Zu den Obernkirchener Glashütten Schauenstein und Neuhütte kommen noch Wendthöhe, Schierbach und die Hütten in Stadthagen. Auch der Bergbau expandiert. Mit dem Fortschreiten des Abbaus in die Tiefen der Schaumburger Kreidemulde wird die Stollensohle verlassen und beginnt der Tiefbau mit all seinen technischen Vorrichtungen zur Wasserhaltung und Belüftung. Hier sind Maschinen und Gerätschaften anzufertigen, zu warten und zu reparieren. Moderne Einrichtungen wie die Kokerei in Nienstädt erfordern Schlosserarbeiten. Mit dem richtigen Riecher erkennen die Brüder eine relativ solide Grundlage für den Schritt in die eigene Existenz.

Schlosserdynastie Bornemann
Belegschaftsfoto der Alten Hütte auf der Glasfabrik Schauenstein 1889. Im Vordergrund eiserne Fussklappformen. Zweiter von links Hüttenmeister Carl Krumsiek, Grossvater von Rolf Krumsiek.

Der jüngste Bruder, Anton Friedrich Bornemann, geb. 1797, übernimmt den Betrieb des Vaters im Haus Lange Str. 58. 1823 ehelicht er Charlotte Wilhelmine Mensing, die Tochter des Offiziers Wilhelm Mensing aus dem Regiment Loßberg. Zwei Söhne und drei Töchter stammen aus dieser Verbindung. Es ist nicht auszuschließen dass dieser Anton Friedrich später auf die schiefe Bahn gerät und dadurch Haus Nr. 58 als väterliches Erbe den Bornemanns entfremdet wird. 1836 hat er ein uneheliches Kind mit Engel Marie Meier aus Riepen. Im selben Jahr werden Ermittlungen wegen eines Einbruchsdiebstahls bei Schlosser Bornemann geführt, wobei Bürgermeister Dulsmann anordnet, den Bruder des Schlossers "welcher nicht in bestem Rufe stehen soll" durch Wachtmeister Triebold beobachten zu lassen. Von einer Schlosserei Bornemann in Nr. 58 ist jedenfalls später nicht mehr die Rede. 

Schlosserdynastie Bornemann
Die 1816 erbaute Schlosserwerkstatt von Carl Bornemann am Rösertor, heute Neumarktstr. 40 

Carl Theodor Adolph, geb. 1789, gründet einen eigene Schlosserbetrieb. Nachdem er 1815 das Bürgerrecht erhalten hat und 1816 geheiratet hat, erwirbt er das Wohnhaus von Jürgen Scharpe am Rösertor Nr. 113. Im rückwärtigen Teil des Grundstückes lässt er ein neues Werkstattgebäude errichten, ganz auf die Anforderungen eines Schlossereibetriebes ausgerichtet. An der hellen Ostseite mit den Fenstern die Arbeitsplätze und Drehbänke. Auf der gegenüberliegenden, fensterlosen Seite befindet sich die Schmiedeesse und die Ambosse.

Schlosserdynastie Bornemann
Werkstatt am Röser Tor 1905. Schlossermeister Rudolf Bornemann mit zwei Lehrlingen 

Aus den erhaltenen Rechnungsbüchern kennen wir die Auftraggeber und die gefertigten Arbeiten. Dabei waren die Glashütten, Steinhauerbetriebe, Handwerker, das Stift, der Rösehof und viele Obernkirchener Privathaushalte. 
In Nr. 113 ist Johan Heinrich Bornemann am 8.1.1822 als drittes von sieben Kindern des Ehepaares Carl Theodor Adolph und seiner Frau Christine Wilhelmine geb. Mestwarp geboren worden. Seine Mutter war die Tochter des Schuhmachers Mestwarp aus der Neumarktstrasse. Bei der Taufe bekam das Kind den Vornamen des Paten, seines Onkels Johan Heinrich Nickel, seines Zeichens Stadtdiener und Musicus in Obernkirchen.

Der dritte Bruder, Carl Heinrich Bernhard Bornemann, wird 1792 geboren. Er ist noch Schlossergeselle als er 1814 Justine Wilhemine, die Tochter des Tischlermeisters Hasemann aus Stadthagen heiratet. Nach der abgelegten Meisterprüfung erwirbt er das Obernkirchener Bürgerrecht und kauft das Wohnhaus Nr. 41 vom Steinhauermeister Georg Conrad Farrelmann um hier seine Schlosserei einzurichten, heute Lange Strasse 32. 

Hier hatte vorher der Obernkirchener Bürgermeister und Steinhauermeister Hector Unna sein Wohnhaus und seinen Betrieb. 

Schlosserdynastie Bornemann
Links das Wohnhaus Lange Strasse 41 im Jahre 1905. Stammhaus der Joh.Heinr. Bornemann GmbH

Als 1913 Albert Bornemann die Sandsteinmauer am "Bornemannsbrink" Ecke Strull errichten ließ, benutzte er große Teile einer alten, wertvollen Mauer aus seinem Hausgarten, sowie Fundstücke und Platten aus dem abgebrannten Eckhaus. Mit eingebaut wurde auch der Türsturz mit der Inschrift Hector Unna und Hedwig von Werder. 
Heinrich Bornemann ist lange Jahre auch Altmeister der Obernkirchener Schlosser- und Schmiedezunft, in der interessanterweise 5 Schlosserbetriebe und sage und schreibe 16 Hufschmiede organisiert waren.
Alle drei Söhne des Ehepaares Heinrich und Wilhelmine verstarben als Kleinkinder. Ohne männliche Nachkommen setzte sich Heinrich Bornemann 1852 als 60 jähriger zur Ruhe und übergab den Betrieb an seinen Neffen Johann Heinrich Bornemann, der im selben Jahr seine Meisterprüfung erfolgreich absolviert hatte.

Zwei Söhne von Schlossermeister Carl Theodor Adolph Bornemann traten in die Fußstapfen ihres Vaters und ergriffen den Beruf des Schlossers. Der 1835 geborene Friedrich Hermann übernahm die väterliche Werkstatt am Rösertor. 

Er heiratete Mathilde Schäfer, eine Tochter des Malers Schäfer aus der Neumarktstrasse.
Sein Sohn Rudolf wird ebenfalls Schlossermeister und der andere Sohn Carl der langjährige Kämmerer der Stadt Obernkirchen

Schlosserdynastie Bornemann
Schlossermeister Friedrich Bornemann und Ehefrau Mathilde geb. Schäfer.
Oben links Sohn Rudolf Bornemann, ebenfalls Schlossermeister, daneben Carl Bornemann der langjährige Kämmerer der Stadt Obernkirchen 

Johann Heinrich Bornemann machte 1852 seine Meisterprüfung, erwarb das Bürgerrecht der Stadt und erhielt damit auch den üblichen Heiratskonsens. 
1853 fand die Vermählung mit Sophie Louise Waltemathe aus Obernkirchen statt, Tochter des Steinhauermeisters Heinrich Waltemathe. Im selben Jahr übernahm er den Betrieb seines Onkels und gründete die Firma J.H. Bornemann. . 

Der 30 jährige Schlossergeselle Johann Heinrich Bornemann legt am 16. Oktober 1852 erfolgreich seine Meisterprüfung vor der Schlosser- und Schmiedezunft in Obernkirchen ab. 

Ein paar Tage später wird er mit dem Meisterbrief in der Hand auf dem Bürgermeisteramt vorstellig. Er versichert glaubhaft, dass er die Schlosserwerkstatt seines Onkels Heinrich in der Langen Strasse 14 übernehmen soll und damit zukünftig über ein regelmäßiges Einkommen verfügen wird. Daraufhin erhält er das Ortsbürgerrecht und die offizielle Erlaubnis des Magistrats zur Verheiratung mit seiner Verlobten Sophie Louise Waltemathe. Am 13. November findet die Trauung in der Stiftskirche statt, Pfarrer Meine segnet das Brautpaar ein.

Schlosserdynastie Bornemann
Siegel des Schlosser und Schmiedeamtes Obernkirchen

Eine Woche später, am 21. November 1853, lässt Johann Heinrich den Schlosserbetrieb auf seinen Namen beim Justizamt Obernkirchen eintragen und geht zunächst ganz alleine, mit einem Gesellen und einem Lehrling in dem kleinen Werkstattanbau an die Arbeit.

Das ist die unspektakuläre Geburtsstunde der heutigen "Bornemann Pumps" - Johann Heinrich Bornemann GmbH.

Aufträge der beiden Glasfabriken, Werkzeuge für den Bedarf der Sandsteinbrüche, Schmiedearbeiten für das Bergamt, die Anfertigung von Tür- und Fensterbeschlägen und private Reparaturarbeiten an Kochherden und Metallgeschirr gehören in den ersten Jahren zu den täglichen Aufträgen. 

Im Programm sind aber auch schon mal knifflige Sonderanfertigungen, wie die Konstruktion eines "eisernen Streckapparates für Gliedmaßen", den Sanitätsrat Dr. Jüngling bei ihm bestellt.

Die Mechanisierung in allen Bereichen der Wirtschaft und des öffentlichen Lebens stellen eine Herausforderung dar, die von beiden Brüdern Bornemann in ihren Schlosserbetrieben aktiv angenommen wird. Besonders der Aufschwung der Glasfabriken und des Bergwerkes verschaffen manchen lukrativen Auftrag.

Ob Maschinen für die Landwirtschaft, Fussklappformen für den Dauerbetrieb in der Glasindustrie oder auch schon Pumpensysteme für das modernisierte Wasserversorgungsnetz der Stadt Obernkirchen, für alles werden kreative Lösungen entwickelt. 

Hinterm Sonnenbrinkbad kann man heute noch die 1894 gebaute Pumpstation bewundern, die aus einem Brunnen direkt die Obernkirchener Haushalte mit frischen Leitungswasser versorgte.

Schlosserdynastie Bornemann
Pumpenhäuschen im Sonnenbrink

Johann Heinrich und Sophie sorgen selbstverständlich auch für Schlossernachwuchs. 1855 kommt Sohn Albert als Stammhalter zur Welt, sieben Jahre später folgt der jüngere Heinrich.

Die Werkstatt entwickelt sich gut, zumal die Obernkirchener Industrie bestrebt ist möglichst alle Aufträge für Reparaturen oder Neuentwicklungen an Obernkirchener Betriebe zu vergeben. Auch die Bauunternehmen Louis Ackmann und Richard Behrens profitieren von diesen Vergabepraxis.

Mit 63 Jahren setzt sich der Firmengründer zur Ruhe und übergibt den Betrieb an seinen Sohn Albert, der natürlich auch das Schlosserhandwerk erlernt hat. 

Schlosserdynastie Bornemann
Firmengründer Johann Heinrich

In der Werkstatt stehen jetzt schon drei Gesellen an den Werkbänken. Im selben Jahr wird ein kleines Wohngebäude als Leibzucht für den Firmengründer an die Werkstatt angebaut.. Der Senior bleibt mit seiner enormen Erfahrung an der Seite seines Sohnes und hilft bei Bedarf auch noch im Betrieb aus. 

Vor allen Dingen hat er seinen ausgeprägten Sinn für äußerste Sparsamkeit, bis hin zu persönlicher Genügsamkeit, an seinen Sohn weitergegeben. Ein solider Sockel für die Entwicklung des Unternehmens.

Missgünstige Nachbarn charakterisieren Vater und Sohn Bornemann allerdings gerne mal als Geizkragen. Der Firmengründer stirbt 1907 und wird unter großer Anteilnahme der Bevölkerung zu Grabe getragen.

Der Familienerbe Albert Bornemann ist mit Karoline Hilker aus Kathrinhagen verheiratet. In alter Familientradition nennen sie ihre beiden Söhne wieder Heinrich Albert und Johann Heinrich. Beide zeigen von Jugend auf reges Interesse an der Arbeit in der Schlosserwerkstatt. 

Die Anforderungen werden zunehmend spezieller und gehen immermehr in Richtung Maschinenbau. Das heisst für beide Söhne auch, dass eine einfache handwerkliche Ausbildung für die künftigen Aufgaben in der Firma Bornemann nicht mehr ausreichend ist. Sie nehmen ein Ingenieursstudium auf. Albert eine Technikerausbildung an der Hochschule in Berlin Charlottenburg. Aus der Studienzeit der beiden ist ein reichhaltiger Briefverkehr erhalten geblieben. 

Opa Johann Heinrich und die Eltern schicken Eier, Wurst und Schmalz aus der eigenen Schlachtung und berichten über Vorkommnisse in Obernkirchen, etwa, dass sich 1906 zur Reichstagswahl Socialdemokraten mit Wahltraktaten öffentlich auf Obernkirchens Strassen zeigen. Vor allen Dingen ermahnen sie beide zum zielstrebigen Lernen und zu äußerster Sparsamkeit. 

Aus einem Brief an Heinrich, der 1906 ein Praktikum bei der Howaldtswerft in Kiel macht "Lieber Heinrich, sobald die Vorlesungen zuende sind komm Zuhause! Hier ist die Luft gesünder, du wolltest doch auch mit Albert den Dampfkessel sauber machen. Schnellzug brauchst Du nicht zu fahren, ob die Fahrt einige Stunden länger dauert, darauf kommt es nicht an. Du hast viel Geld ausgegeben, du müsstest länger damit auskommen".

Manchmal wird auch ein Zusatzgeschäft gewittert, das mit Schlosserei gar nichts zu tun hat. Weihnachtsbaumverkauf etwa. Aus Mutter Karolines Familie sind Grundstücke in Westerwald im Auetal an die Familie gelangt. Hier baut Vater Albert Fichten an, um sie in die Großstadt Berlin zu verkaufen. Lichterbäume sind in Mode gekommen und die Nachfrage in den Großstädten enorm. 

Sohn Albert muss 1908 etliche Waggonladungen in Charlottenburg an den Mann bringen. Von Dauer scheinen diese Geschäfte jedoch nicht gewesen zu sein.

Schlosserdynastie Bornemann
Dipl. Ing. Albert Bornemann 1883 - 1946 

Schlosserdynastie Bornemann
Dr. Ing. Heinrich Bornemann 1885 - 1943

Der expandierende Betrieb hat bald 20 - 25 Mitarbeiter und platzt aus allen Nähten. 

Mit 65 Jahren setzt sich Schlossermeister Albert Bornemann 1921 zur Ruhe und übergibt den Betrieb an seine beiden Söhne . Dipl. Ing. Albert Bornemann. übernimmt die Leitung der Firma,sein Bruder Dr.Ing. Heinrich Bornemann wird Teilhaber. Mit ihnen beginnt der Umbau des bodenständigen Handwerksbetriebes zu einem leistungsfähigen, mittelständischen Unternehmen 

1922 erhält die Firma erstmals Aufträge der Deutschen Reichsbahn. Daraufhin wird die 154 qm große, alte Fachwerkscheune auf dem Grundstück zur Werkstatt und Gießerei umgebaut. Der hintere Teil mit etwa 30 qm bleibt als Diele und Stallung für etwas Vieh erhalten. 
Die steigenden Aufträge der Reichsbahn machen im Jahr 1929 den Bau eines Glühofens und einen Erweiterungsbau der Werkstatt notwendig. Dieser Erweiterungsbau schließt an die Hinterfront der zur Werkstatt umgebauten Scheune an und erstreckt sich über die ganze Grundstücksbreite auf einer Länge von 16 m.

Die finanzielle Sicherheit durch die Aufträge der Reichsbahn gibt Luft zur Entwicklung von neuen Maschinen und Techniken.

Schlosserdynastie Bornemann
Belegschaft 1934

Gewerbepolizeiliche Auflagen sorgen für die Einrichtung eines Aufenthaltsraumes, eines Waschraumes sowie abschließbaren Toilettenräumen für die Belegschaft. Diese Belegschaftsräume werden an die Vorderfront der umgebauten Scheune angeschlossen 

Im hinteren Teil des Geländes legen die Inhaber, Dipl. Ing. Albert und Dipl. Ing. Heinrich Bornemann im Jahre 1929 einen großen Lagerschuppen aus Holz an.
1940 wird eine vierte Erweiterung der Werkstätten erforderlich, da kriegsbedingt die Deutsche Reichsbahn umfangreiche, dringende Lieferungen von Lokomotivteilen benötigt. Diese Werkstatterweiterung schließt den Raum zwischen der alten umgebauten Scheune und dem Nachbargrundstück Finke.

Schlosserdynastie Bornemann
Die Forschungsarbeiten an neuen Pumpsystemen fallen der kriegswichtigen Produktion zum Opfer.

In das Wohnhaus Nr. 41 ist inzwischen die Verwaltung eingezogen, sie ist reines Bürogebäude, die kleine Gründerwerkstatt ist zur Zylinderschleiferei umfunktioniert.. Die Familie Albert Bornemann wohnt zwei Häuser weiter in Nr. 37. Das Wohngebäude gegenüber der Synagoge in der Strullstrasse ist von der Firma Bornmann für Erweiterungspläne erworben worden.

1941 wird der vorhandene Aufenthaltsraum aufgestockt und ist nun über eine Außentreppe im 1. Stock erreichbar. Im Erdgeschoß verbleiben die Waschräume und Aborte. Die ganze Anlage bekommt eine Zentralheizung.

Ende 1941 wird ein weiterer Ausbau der Werkstätten sowie die Errichtung eines Raumes für 2 neue Glühofen beantragt. Die Dringlichkeit des Vorhabens wird mit den gestiegenen Anforderungen der Reichsbahn begründet. Bei Bekanntwerden einer drohenden Ablehnung der Bauanträge wird auf empfindliche Betriebs- und Verkehrsstörungen der Reichbahn, "namentlich bei der Erfüllung des Ostprogrammes" vorsorglich hingewiesen.

Mit der Aufnahme in die Dringlichkeitsstufe SS im Schwerpunktprogramm der Wehrmacht wird die Genehmigung für den Bau der Werkstatt Nr. 5 mit 180 qm Fläche und des neuen Glühofengebäudes schließlich erteilt. Die Werkstatt schließ hinten an die vorhandenen Gebäude an, so daß nunmehr fast zwei Drittel des Grundstückes Nr. 41 vollständig überbaut sind. Von den ca. 30 Mitarbeitern sind eine ganze Reihe zum Kriegsdienst eingezogen. 

Die Firma bekommt polnische Zivilarbeiter zugewiesen, später auch russische und französische Krieggefangene. Sie sind in Obernkirchener Gaststätten wie den Beeker Krug untergebracht aber auch in den ehemaligen Synagogenräumen die zum "Lager für Ostarbeiter" umgebaut werden. 

1942 verstirbt Dr. Ing. Heinrich Bornemann, so daß Albert Bornemann die Firma alleine weiterführen muss.

Schlosserdynastie Bornemann
Anfang der 70ger Jahre

Der zweite Bornemannbetrieb am Sülbecker Weg ist zwischenzeitlich von Rudolf Bornemann Senior an Rudolf Bornemann Junior übergegangen. Nachdem als Zulieferbetrieb fast ausschließlich für die Glasfabrik Heye produziert wurde, bedeutet der Aufbau der firmeneigenen Formenwerkstatt auf dem Gelände der Glasfabrik in den 1930er Jahren praktisch das Aus für den kleinen Betrieb. 

Die alte Schlosserei wird für kriegswichtige Zwecke beschlagnahmt. Russische Zwangsarbeiterinnen, die in der Synagoge im Strull wohnen, drehen hier Geschosshülsen. Nach dem Krieg verrichtet Rudolf Bornemann hier kleinere Reparaturaufträge, ansonsten fällt das historische Schlossereigebäude in einen Dornröschenschlaf.

Die Maschinenfabrik hat nach Kriegsende schwere Zeiten zu überstehen. Im Prinzip fängt man wieder bei Null an. Kleinere Reparaturaufträge und Zulieferungen für die örtliche Industrie stellen den Neustart dar.

1946 verstirbt Dipl. Ing. Albert Bornemann noch vor Erreichen des Rentenalters.

Die Geschäftsleitung übernimmt seine Tochter Ursula Bornemann, die sich in den Jahren vorher schon in die Betriebsabläufe eingearbeitet hat. Ihr jüngerer Bruder Johann Heinrich Bornemann steht ihr dabei zur Seite. Der einzige männliche Erbe ist schwerkrank aus dem Krieg zurückgekommen. Erst 26 Jahre alt erliegt er am 24.10.1949 seinem Herzleiden.

Schlosserdynastie Bornemann
Ursula Möller-Bornemann

Schlosserdynastie Bornemann
Johann Heinrich Bornemann

Ursula Bornemann und später ihr Ehemann Friedrich Möller-Bornemann bringen die Firma durch die schwere Anfangszeit auf die Erfolgsspur zurück. Hergestellt werden Ersatzteile für die Bundesbahn, Sortier- und Entstaubungsanlagen für die Bundespost aber auch die Anfertigung von Pumpen , die bis zum 100 jährigen Firmenjubiläum 1953 bereits 70 % der Produktion ausmacht. Der Export von Pumpen für Reedereien, Werften und chemische Großbetriebe macht bereits gut einen Viertel der Umsätze aus.
Die Belegschaft ist auf 120 Personen angestiegen. Werkstätten und neue Produktionshallen wuchern in die ehemaligen innerstädtischen Gärten zwischen Strull und Lange Strasse. 

Sogar das allgemeine Kinosterben wird kreativ genutzt und das Filmtheater des "Schaumburger Hofes" in den Komplex integriert. Das hier, in den engen Verhältnissen einer Innenstadt, einer geordneten Entwicklung Grenzen gesetzt sind, ist aber trotz aller vorausschauenden Grundstückskäufe sowohl den Kommunalpolitikern als auch der Firmenleitung klar.

Schlosserdynastie Bornemann
100 jähriges Firmenjubiläum 1953

Mitte der siebziger Jahre wird bereits mit 250 Arbeitskräften produziert und mit dem Verkauf von Excenterschneckenpumpen und Schraubenspindelpumpen für die Mineralölindustrie und den Schiffbau ein Jahresumsatz von 20,5 Mio. DM realisiert.

Schlosserdynastie Bornemann
Größte Ausdehnung der Firma in der Innenstadt. Luftfoto 1980

Im Rahmen einer Kapazitätsausweitung wird der Neubau eines weiteren Fabrikationsgebäudes und eines Verwaltungsbaues geplant und 1977 umgesetzt. Damit hat der Betrieb seine größte innerstädtische Ausdehnung erreicht. Trotz der jetzt erreichten fast 10.000 qm Fläche stellt sich bald erneut die Standortfrage.

Aus der kleinen Schlosserbude an der Langen Strasse ist ein innovativer mittelständischer Betrieb der deutschen Paradeindustrie "Maschinenbau" geworden. Die unrationellen Bedingungen und die räumliche Enge werden am Standort Innenstadt jedoch zu einem Dauerproblem.

Die weitere Geschichte haben wir alle gespannt mitverfolgt. Ein städtebaulicher Kraftakt, unterstützt von Strukturhilfemitteln und Städtebauförderung, hat 1991 die Aussiedlung der Produktion und später der Verwaltung an den neuen Standort in Gelldorf möglich gemacht.

Nur so war es möglich, das ein sich kräftig entwickelndes Unternehmen, immer noch weitestgehend in Familienhand, 2003 in Obernkirchen ihr 150 jähriges Firmenjubiläum feiern konnte. 

Heute hat sich die JHB GmbH und die KTO am neuen Standort in Gelldorf bereits wieder erweitert und beschäftigt derzeit etwa 430 Mitarbeiter.

Schlosserdynastie Bornemann
Schloss

Schlosserdynastie Bornemann
Multiphasenpumpe

Die handwerkliche Herkunft vieler Generationen metallverarbeitender Bornemänner ist auch heute noch Basis für erfolgreiche Arbeit und Teil der Firmenphilosophie. 

Mit dem Bekenntnis zu dieser langen Familientradition und zum Standort Obernkirchen lassen sich hoffentlich noch manche Globalisierungsattacken überstehen.

Schlosserdynastie Bornemann
Firmensenior Friedrich Möller-Bornemann am Amboß der alten Schlosserei am Sülbecker Weg

Die alte Schlosserei, in der Firmengründer Johann Heinrich Bornemann den ersten Anschauungsunterricht in Metallverarbeitung erhalten hat, wird an Ort und Stelle erhalten und baulich instandgesetzt. Sie soll als technisches Denkmal und als kleines Bornemann-Firmenmuseum die Besucher mit den Arbeitsbedingungen eines handwerklichen Schlosserbetriebes am Beginn der Frühindustralisierung bekannt machen. Wir hoffen Sie baldmöglichst an der Keimzelle des Betriebes begrüßen zu dürfen.

Bis dahin, mit freundlichem Gruß 
Ihr Rolf-Bernd de Groot


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