Der
Böxenwulf in Rösehöfe nach einer Erzählung
von Gertrud Krömer
Gerade in Rösehöfe
war es mit dem Treiben des "Böxenwulfes" am schlimmsten. Keiner wagte
sich mehr bei einbrechender Dunkelheit allein aus der Stadt. Er mußte
damit rechnen, daß ihm unerwartet eine Gestalt, verkleidet und vermummt
mit schwarzem, zottigem Fell, auf den Rücken sprang. Heute war er
im Stiftswald, morgen an der Glashütte, einige Tage später in
Vehlens Gemarkung. Das beste Jagdgebiet aber schien für ihn die Röserheide
zu sein. Die Bürger der Stadt und die Einwohner der nahen Dörfer
waren in großer Aufregung. Selbst sonst starken, beherzten Männern
war es passiert, daß sie arglos ihres Weges kommend, plötzlich
eine schwere Last auf ihren Rücken verspürten, die schier über
unheimliche Kräfte verfügte und sich nicht abschütteln ließ.
In ohnmächtiger Wut schworen die Betroffenen dem "Böxenwulf"
Rache. Die Frauen wurden nur durch sein plötzliches Aufspringen aus
Gräben und Ecken erschreckt. An einem stürmischen Januarabend
ereilte den "Böxenwulf" sein Schicksal. Ein aus Richtung Liekwegen
heimkehrender Mann wurde in der Nähe von Rösehöfe von ihm
überfallen. Wie üblich, ließ er sich eine Weile von diesem
forttragen. Schweißtriefend gelangte der Mann mit der schweren Last
an die äußeren Wohnbezirke. Die unheimliche Gestalt wollte abspringen
und sich in der Dunkelheit in Sicherheit bringen. Der unerschrockene starke
Mann jedoch hielt sie an beiden über seine Schultern gelegten Armen
fest. Sie rangen den Weg entlang und keuchten so stark, daß es in
der nahegelegenen Aldagschen Schmiede gehört werden konnte. Zur Erledigung
einer dringenden Arbeit waren Meister und Gesellen noch in der Werkstatt
tätig. Schnell sprangen alle zur Hilfeleistung herbei, und die sich
wildwehrende und um sich beißende Gestalt wurde mit vereinten Kräften
in die erleuchtete Schmiede gezogen. Sie packten das unheimliche Etwas
über den Amboß und zerrten das Fell herunter. Dabei gab es eine
schwere Tracht Prügel, denn das unheimliche Treiben hatte zuviel Angst
und Schrecken bereitet, so daß sich die Empörung in berechtigten
Schlägen Luft machte. Als die Vermummung ganz herunter war, stellte
sich heraus, daß es ein in der Nähe der Stadt wohnender Mann
war, der sich ein Vergnügen daraus gemacht hatte, die Leute zu erschrecken.
Von gleicher Stunde an war der schon beinahe zur Wirklichkeit gewordene
"Böxenwulf" verschwunden.