Gedenkstein erinnert
an Hinrichtung
Rinteln (ur). Exakt 165 Jahre nach der Hinrichtung des Mörders und Bandenführers Johann Heinrich Seidenfaden aus Rolfshagen auf der Richtstätte am Heinekamp kamen dort gestern einige Dutzend Rintelner zusammen, um den Gedenkstein einzuweihen, der an diese letzte öffentliche Ausführung der Todesstrafe in Schaumburg erinnern soll.
Für die Stadt wollte der Erste Stadtrat Jörg Schröder das Kunstwerk als Beitrag zur Auseinandersetzung mit den rechtsphilosophischen und politischen Ansichten der damaligen Zeit verstanden wissen. Schröder stellte auch Parallelen zur aktuellen Diskussion um die Todesstrafe her, die durch öffentliche Hinrichtungen in islamischen Staaten, „aber selbst in Ländern unserer westlichen Wertegemeinschaft“ genährt werde. Hierbei gehe es oft auch um politische Opportunität im Wetteifern um Zugeständnisse an den vermeintlichen Volkswillen. Indem der Bildhauer Pascal Schmidt für seinen Gedenkstein Obernkirchener Sandstein verwendet habe, stelle er auch eine Verbindung zu den Wäldern her, in denen Seidenfaden mit seinem Komplizen damals den Mord an einem mutmaßlichen Verräter seiner Diebesbande begangen haben soll. Einen historisch-biografischen Abriss zur Person Seidenfadens vermittelte Stefan Meier vom Museum Eulenburg, der mit seinen Partnern und Mitarbeitern derzeit an den Vorbereitungen für eine Ausstellung zu dieser Thematik arbeitet. Dabei malte er ein höchst farbiges Bild von dem Leben dieses Mannes, der bereits als junger Mensch aus ungeordneten familiären Verhältnissen in die Kriminalität abglitt und schließlich zum Mörder wurde. Im Versuch, sich nach der Verurteilung zum Tode der irdischen Gerechtigkeit zu entziehen, floh er über Holland und Belgien bis nach Surinam, wo er in niederländischen Militärdiensten aufständische Plantagenarbeiter und entflohene Sklaven verfolgte. Dort wurde er schließlich von Schaumburger Matrosen entdeckt und dingfest gemacht. Seine Hinrichtung war das wohl publiumsträchtigste Ereignis des 19. Jahrhunderts, wobei die Motive der mehreren Tausend Schaulustigen zur Teilnahme sicher sehr unterschiedlich waren: neben Neugier und Sensationslust war es bei vielen wohl auch Betroffenheit und Protest gegen die unbarmherzige Haltung des reaktionären hessischen Kurprinzen, der Gnadengesuche abgelehnt hatte. Immerhin führten spektakuläre Pannen beim scharfrichterlichen Niedermetzeln des Verurteilten auch dazu, dass die Bewegung gegen die Todesstrafe zusätzliche Impulse erhielt. © Schaumburger Zeitung, 07.02.2002 Bildhauer Pascal Schmidt Foto: Obernkirchener Bildhauersymposion 2000 |